MDR1-Gendefekt beim Hund

Beim MDR1-Defekt handelt es sich grob gesagt um einen Gendefekt bei bestimmten Hunderassen, welcher eine Medikamentenüberempfindlichkeit gegenüber bestimmten Arzneimitteln verursacht. Die Abkürzung MDR steht hierbei für Multiple Drug Resistance, was bedeutet, dass der Hund im Gegensatz zu gesunden Hunden nicht die Möglichkeit hat das „Multidrug-Resistance-Protein 1“ zu bilden, welches dafür sorgt, körperfremde Stoffe wie Arzneimittel aus dem Körper heraus zu transportieren. Der MDR1-Transponder sorgt außerdem dafür, dass toxische Arzneistoffe die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können und in den Gehirnkapillaren zurückgehalten werden. Ein Fremdstoff, welcher im Blut zirkuliert und die Schranke überwinden möchte, wird erkannt und zurück ins Blut transportiert, so kann er nicht in das Nervengewebe eindringen. Da er bei betroffenen Hunden nicht vorhanden ist können die Arzneimittel die Blut-Hirn-Schranke ungehindert passieren, eine bis zu hundertfach höhere Konzentration als normal erreichen und somit große gesundheitliche, primär neurotoxische Schäden verursachen.

 

Der MDR1-Defekt geht vermutlich auf einen Hund zurück, welcher zu großen Teilen an der Entstehung des Collies beteiligt war.
So wurde der Gendefekt auch hauptsächlich anhand dieser Rasse erforscht. Heute sind allerdings noch viele weitere Rassen bekannt, welche den Gendefekt exprimieren können, alle sind sie mehr oder weniger mit dem Collie verwandt, oder er war mit an ihrer Entstehung beteiligt. Die folgende Auflistung enthält alle Rassen, welche betroffen sein können und die dazugehörige prozentuale Häufigkeit. Natürlich können auch sämtliche Mischlinge aus diesen Rassen betroffen sein.

  • Kurzhaar Collie (68 %)
  • Langhaar Collie (55-57 %)
  • Longhaired Whippet (42-65 %)
  • Miniature Australian Shepherd (20-50 %)
  • Australian Shepherd (17-46 %)
  • Shetland Sheepdog (7-35 %)
  • Silken Windhound (18-30 %)
  • McNab (17-30 %)
  • Wäller (17-19 %)
  • English Shepherd (7-15 %)
  • Weißer Schäferhund (14 %)
  • Old English Sheepdog/ Bobtail (1-11 %)
  • Deutscher Schäferhund (6-10 %)
  • Border Collie (1-2 %)

 

Der MDR1- Defekt ist ein vererbbarer Gendefekt. Ein Hund hat genetisch gesehen drei Möglichkeiten für seinen MDR1- Status. Die erste Möglichkeit ist, dass der MDR1 (+/+) ist – das bedeutet er ist frei von dem Defekt und kann das notwendige Protein genau wie jede andere Rasse bilden. Die zweite Möglichkeit ist, dass der Hund den Genotyp MDR1 (+/-) aufweist, ihn also heterozygot vererbt bekommen hat.  Es kann vermehrt zu  Nebenwirkungen bei einer Therapie mit Zytostatika, makrozyklischen Laktonen (hochdosiert) und Loperamid (Imodium®) kommen. Die dritte Möglichkeit ist, dass der Hund MDR1 (-/-) ist und somit vom Defekt homozygot betroffen. Er ist somit hochgradig empfindlich gegen bestimmte Medikamente und vererbt den Defekt ebenfalls weiter.

Den MDR1- Status seines Hundes kann man sehr einfach mit ein paar Tropfen Blut und einem hierfür vorgesehenen Gentest überprüfen lassen. Außerdem können Hundebesitzer, welche ihren Hund von einem Züchter gekauft haben, unter Umständen bereits ausschließen, dass ihr Hund betroffen ist, falls beide Elterntiere frei, also (+/+) waren. War eines der Elterntiere (+/-) empfiehlt es sich trotzdem einen Test durchzuführen um herauszufinden, ob der eigene Hund frei oder heterozygot betroffen ist. Betroffene Tiere, also MDR1 (-/-), entstehen aus einer Verpaarung  der Genotypen (+/-) und (+/-) mit 25 % Wahrscheinlichkeit, (+/-) und (-/-) mit 50 % Wahrscheinlichkeit, oder (-/-) und (-/-) mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 %.

 

Für betroffene Hunde oder jene welche Träger sind, gibt es durchaus eine nicht zu unterschätzende Anzahl von gefährlichen bis lebensbedrohlichen Arzneimitteln.

  • Makrozyklische Laktone: Ivermectin, Doramectin, Selamectin, Moxidectin, Milbemycinoxim (Verwendung als Antiparasitikum)
  • Loperamid: Imodium®(Verwendung als Antidiarrhoikum bei Durchfallerkrankungen)
  • Zytostatika: Vincristin, Doxorubicin (Verwendung  im Rahmen der Lymphomtherapie)
  • Emodepside: Profender®, Procox®
  • Opioide: Morphin, Methadon, Fentanyl, Butorphanol und andere (Verwendung zur Schmerzunterdrückung)

Es gibt noch weitere sehr gebräuchliche Medikamente, welche für betroffene Hunde kritisch sein können – zum Beispiel Magenschutzpräparate wie Cimetidin und Ranitidin, Antimykotika, welches bei Pilzbefall verabreicht wird, Ketoconazol und Itraconazol, das Immunsuppressivum Cyclosporin A, einige gängige Antibiotika, oder auch das beliebte Sedativum Acepromazin.

Medikamente, die zugelassen und getestet wurden sind z.B.: Advocate®, Stronghold®, Milbemax®, sowie Program Plus®.

Leider kann es vorkommen, dass Medikamente die vorerst gut vertragen werden im weiteren Lebenslauf des Hundes ebenfalls kritisch einzustufen sind, oder Behandlungsmöglichkeiten bestimmter Krankheiten durch den Defekt eingeschränkt werden.